Organschaft – die neue unendliche Geschichte in der Umsatzsteuer!

Wir haben bereits in unseren News von zwei EuGH-Entscheidungen berichtet, die das Konstrukt der Umsatzsteuer-Organschaft betreffen. Bislang war vollkommen unzweifelhaft, dass die Organgesellschaften unselbstständige Teile des Unternehmens des Organträgers sind und als solche untereinander keine umsatzsteuerbaren Leistungen erbringen können. Mit den genannten Entscheidungen, insbesondere jener in der Rechtssache NDG GmbH, wurde dieses Verständnis allerdings auf den Kopf gestellt.

Was ist passiert?

Einerseits kommt es zu einer Verwässerung des Kriteriums „finanzielle Eingliederung“. Während bisher – nach österreichischer Auffassung – mindestens 75% (in Ausnahmefällen 50%) der Anteile und Stimmrechte beim Organträger liegen müssen, kommt der EuGH zum Schluss, dass der Organträger zusätzlich zur Mehrheitsbeteiligung nicht auch über eine Stimmrechtsmehrheit verfügen muss.

Von größere Brisanz ist allerdings die Aussage des EuGH, dass bei jeder Organgesellschaft – trotz Bestandteil einer Organschaft – zusätzlich zu prüfen ist, ob diese weiterhin selbstständig tätig ist. Davon scheint der EuGH im Regelfall auszugehen. Dies könnte in weiterer Folge so ausgelegt werden, dass diese (selbstständigen) Organgesellschaften weiterhin steuerbare Umsätze innerhalb der Organschaft erbringen können. Unter diesem Gesichtspunkt wäre die Organschaft ein rein administratives Vehikel, das sämtliche formellen Verpflichtungen (Erklärungspflichten etc) beim Organträger bündelt. Zur Frage der Steuerbarkeit von Innenleistungen äußerst sich der EuGH aber nicht ausdrücklich.

Der BFH will dies nun aber genau wissen und legt im Verfahren Finanzamt T neue Fragen (= andere als im ersten Verfahren), die aber auf die Aussagen in der Rechtssache NDG GmbH zu Selbstständigkeit von Organgesellschaften abstellen. Der BFH fragt daher, ob uU sämtliche Leistungen innerhalb der Organschaft steuerbar sind. Zudem möchte der BFH wissen, ob Innenleistungen jedenfalls dann steuerbar sind, wenn ansonsten die Gefahr von Steuerverlusten droht, weil der Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Praxisfolgen

Sollte der EuGH die grundsätzliche Selbstständigkeit von Organgesellschaften bejahen, würde dies das bisherige österreichische Verständnis auf den Kopf stellen: Leistungen zwischen den Organgesellschaften bzw zwischen den Organgesellschaften und dem Organträger wären in diesem Fall nicht mehr reine (umsatzsteuerlich unbeachtliche) Innenumsätze, sondern steuerbar und idR steuerpflichtig. Diese kann erhebliche negative steuerliche Auswirkungen auf bestehende Organschaften haben, sobald innerhalb der Organschaft Leistungen an eine nicht (voll) vorsteuerabzugsberechtigte Gesellschaft erbracht werden.