VwGH zur Vermittlung von Lebensversicherungen

Der VwGH hatte im Jänner 2022 zu beurteilen, ob es sich bei der Vermittlung von Lebensversicherungen über eine Internetplattform um eine unecht befreite Vermittlungsleistung handelt.

Die Mitbeteiligte führte Vertriebstätigkeiten im Medienverbund mit der Zeitung X (M GmbH) durch, wobei auch Interessenten für Versicherungen vermittelt wurden. Dazu erschienen sowohl auf der Internetseite der Mitbeteiligten als auch in der Zeitung X Anzeigen, die den Abschluss einer solchen Versicherung bewarben. Falls eine Kontaktaufnahme stattfand, wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es sich beim Inserat auf der Website lediglich um eine Erstinformation und noch kein Angebot oder Aufforderung ein Angebot zu stellen handle. Das konkrete Angebot wurde erst durch einen Kundenberater des Versicherers unterbreitet. Für abgeschlossene Verträge erhielt die Mitbeteiligte von den Versicherern Provisionen, die daraufhin zur Gänze an die M GmbH übermittelt wurden. Als Gegenleistung verrechnete die Mitbeteiligte der M GmbH eine Gebühr.

Für diese Gebühr stellte die Mitbeteiligte keine Umsatzsteuer in Rechnung. Das Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, dass die Leistungen als Leistungsbündel eigener Art steuerpflichtig seien (Werbung einschließlich Bereitstellung eines technischen Geräts im Falle des Vertragsabschlusses, Bereitstellung einer Kontaktplattform mit Erhebung der relevanten persönlichen Daten, Durchführung einer Bonitätsprüfung, automatisierte Weiterleitung an den Versicherer). Das BFG beurteilte die Leistungen als (unecht) steuerbefreit nach § 6 Abs 1 Z 13 UStG (Umsätze aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter), wogegen sich die Revision des Finanzamts richtete.

Der VwGH führt dazu zunächst aus, dass die MwSt-RL Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden, von der Steuer befreit. Die Beurteilung, ob Dienstleistungen von einem Versicherungsmakler oder -vertreter erbracht werden, ist anhand des Inhalts der vorzunehmen. Folgende Kriterien müssen dabei erfüllt sein: Der Dienstleistungserbringer muss sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in (mittelbarer) Verbindung stehen und die Tätigkeit muss wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit umfassen. Dabei erfasst der Vermittlungsbegriff die von einer Mittelperson ausgeübten Tätigkeiten. Der VwGH betont, dass diese Person nicht den Platz einer Partei eines Vertrages einnehmen darf und die Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheiden muss, welche im Rahmen des Vertragsverhältnisses erbracht werden. Somit ist die Vermittlungstätigkeit eine eigenständige Dienstleistung, wobei der Vermittler kein Eigeninteresse am Vertragsinhalt hat.

Zu betonen ist auch, dass die konkrete Art, in der die Leistung erbracht wird, für die Anwendung der Steuerbefreiung irrelevant ist, weshalb die Tatsache, dass die Leistung vollständig über eine Internetplattform erbracht wurde, der Anwendung der Steuerbefreiung nicht im Wege steht. Da die Mitbeteiligte mit der geschalteten Werbung Kunden für die Versicherungsprodukte gesucht und diese mit dem Versicherer zusammengebracht hat, ist diese Leistung als Vermittlungsleistung zu beurteilen, welche (unecht) steuerbefreit ist. Das Erbringen von weiteren Leistungen (Bonitätsprüfung etc) durch die Mitbeteiligte steht dem Ergebnis nicht im Wege, da es sich nur um Nebenleistungen der Hauptleistung „Vermittlung von Versicherungsverträgen“ handelt.

Praxisfolgen

Das Erkenntnis des VwGH reiht sich in die ständige Rechtsprechung des EuGH ein. Eine rein elektronische Datenverarbeitung kann jedenfalls kein Kriterium sein: In einem aktuellen Urteil hat sich der EuGH erst kürzlich dazu geäußert, dass die vollständige Leistungserbringung im Wege der elektronischen Datenverarbeitung für die Anwendung einer Steuerbefreiung auf diese Leistung irrelevant ist (EuGH 17.06.2021, C-58/20 und C-59/20, K und DBKAG). Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des VwGH.

Darüber hinaus ist für die praktische Anwendung einer Steuerbefreiung zu beachten, dass auch umfangreiche Nebenleistungen – hier bspw wurden auch Bonitätsprüfungen durchgeführt und bei Vertragsabschluss ein technisches Gerät übergeben – nicht zu einer Steuerpflicht führen, sofern die Hauptleistung die Vermittlung eines Versicherungsvertrags ist. Die Unterscheidung kann aber diffizil sein: So hat der EuGH bspw auch entschieden, dass die Vermittlung unter Umständen Nebenleistung zu einer anderen Hauptleistung sein kann (zB die Entwicklung von Versicherungsprodukten).

Im Einzelfall wird zu prüfen sein, wofür der Vermittler seine Provision erhält. Ist Hauptleistung nicht die Vermittlung (sondern zB die Entwicklung) von Versicherungsprodukten, kann das Leistungsbündel jedenfalls nicht steuerfrei sein. Ist die Vermittlung hingegen die Hauptleistung, ist die Gesamtleistung steuerfrei. Denkbar sind allerdings auch Konstellationen, in denen mehrere separat zu beurteilende Einzelleistungen vorliegen (wenn zB der Abnehmer eines Versicherungsproduktes nicht auch zwingend die Vermittlung des Produkts durch den Entwickler vornehmen lassen muss).