VwGH zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung nach Kauf eines Geschäftsgebäudes

Der VwGH äußerte sich am 20. Oktober 2021 zum Kauf und der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der anschließenden Vermietung eines Büro- und Geschäftsgebäudes nach dem 31. August 2012. 

Im Sachverhalt geht es um eine GmbH mit dem Geschäftsgegenstand Vermietung von Grundstücken, welche im Mai 2014 ein im Jahr 2009 errichtetes Bürogebäude zum Zwecke der Vermietung umsatzsteuerpflichtig kaufte. Die GmbH trat dabei in die bestehende Mietverträge auf Vermieterseite ein. Zwei Büroeinheiten des Gebäudes waren an Mieter vermietet, die überwiegend unecht steuerbefreite Leistungen erbringen. Das Finanzamt qualifizierte dies als neue Mietverträge und kam zum Schluss, dass die GmbH für diese zwei Büroeinheiten nicht zur Steuerpflicht optieren konnte. Dementsprechend wurde auch der von der GmbH geltend gemachte Vorsteuerabzug anteilig gekürzt.

Das BFG hingegen gewährte der GmbH den vollen Vorsteuerabzug und begründete dies damit, dass die GmbH mit dem Kauf des Grundstücks zwingend in die bereits bestehenden Mietverträge eingetreten sei. Da somit Alt-Mietverträge vorliegen, kommt § 28 Abs 38 Z 2 UStG iVm § 6 Abs 2 UStG zur Anwendung. Somit ist die Option auch für an unecht befreite Unternehmer vermietete Einheiten weiterhin möglich. Gegen diese Entscheidung erhob das Finanzamt Revision, woraufhin der VwGH die Entscheidung als inhaltlich rechtswidrig aufhob.

Der VwGH hatte zu beurteilen, ob § 6 Abs 2 UStG in der Fassung vor oder nach dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 für die GmbH zur Anwendung gelangt. Die Option zur Steuerpflicht der Vermietung von Geschäfts- und Büroräumen ist demnach nur noch möglich, wenn der Mieter bzw. der Pächter zum (nahezu) vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Strittig war in diesem Fall die Auslegung der Inkrafttretensregelung (für die Einschränkung der Option zur Steuerpflicht der Vermietung) in § 28 Abs 38 Z 1 UStG. Entscheidend ist hierbei der Beginn des Mietverhältnisses. Damit ist jedoch nicht der zivilrechtliche Vertragsabschluss gemeint. Es würde dem Ziel, welches mit der Änderung der Bestimmung des § 6 Abs 2 UStG durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012 verfolgt wurde, entgegenstehen, wenn nach Inkrafttreten der neuen Regelung die frühere Rechtslage weiterhin angewendet werden würde.

Es liegen somit aufgrund des Eintritts des Käufers in den Mietvertrag „neue“ Mietverträge iSd §28 Abs 38 Z 1 UStG vor. Daher ist die Option zur Steuerpflicht der Vermietung ausgeschlossen, wenn der Mieter nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Praxisfolgen

Der VwGH vollzieht mit diesem Urteil eine beeindruckende Kehrtwende zu seiner Judikatur zur Gesamtrechtsnachfolge. Während der VwGH dort zum Schluss kommt, dass gerade auf die zivilrechtliche Beurteilung abzustellen ist, ob ein neues Mitverhältnis vorliegt, soll dies nun im Fall der Einzelrechtsnachfolge nicht gelten. Wenngleich argumentativ nicht leicht nachvollziehbar – neben dem Widerspruch zur Behandlung im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge begründet der VwGH das vorliegende Erkenntnis unter anderem mit dem Erläuternden Bemerkungen (!) zur Regierungsvorlage des Gesetzes – besteht nunmehr Klarheit, dass im Fall der Einzelrechtsnachfolge umsatzsteuerrechtlich von einem neuen Mietverhältnis auszugehen ist.