VwGH zur umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen Bank und Leasinggesellschaft

In der Entscheidung vom 16.11.2021 hatte der VwGH die Frage zu beantworten, ob eine organisatorische Eingliederung gegeben ist, wenn keine Personenidentität in der Geschäftsführung der Organgesellschaft und des Organträgers besteht.

Die Beschwerdeführerin ist eine mittelbar zu 100 % gehaltene Enkelgesellschaft einer Bank. Zudem ist diese Bank Eigentümerin einer Liegenschaft, an der der Beschwerdeführerin im Jahr 1994 entgeltlich ein Baurecht eingeräumt worden ist. Im Jahr 2010 hat die Enkelgesellschaft darauf ein Gebäude errichtet, welches ohne Gewinnspanne an die Bank vermietet wurde. Dabei optierte die Gesellschaft gemäß § 6 Abs. 2 UStG zur Steuerpflicht und machte die anfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft die Errichtung und Vermietung von Gebäuden an die Bank ist und ausschließlich Leistungen an diese erbracht wurden. Das Finanzamt kam zum Schluss, dass die Gesellschaft weder über eigene Räumlichkeiten, noch über eigene Mitarbeiter verfügte und deshalb die Voraussetzungen einer Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 UStG erfüllt werden. Der geltend gemachte Vorsteuerabzug wurde in weiterer Folge versagt.

Die Beschwerdeführerin war hingegen der Auffassung, dass keine Organschaft vorliegt. Kein leitender Angestellter der Bank ist Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und die mittelbare Weisungsbefugnis der Bank gegenüber ihren nichtleitenden Angestellten hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft. Ebenso kann keine wirtschaftliche Eingliederung angenommen werden, da zwei unterschiedliche Tätigkeitsfelder ausgeübt werden. Das BFG folgte der Beschwerde nicht und versagte die Möglichkeit einer ordentlichen Revision. Die Gesellschaft erhob daher außerordentliche Revision, die vom VwGH als zulässig qualifiziert wurde.

Der VwGH betont, dass bei einer Organschaft die finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung erfüllt sein muss. Die finanzielle Eingliederung wird im vorliegenden Fall nicht bestritten. Bezüglich der organisatorischen Eingliederung führt der VwGH aus, dass eine solche gegeben ist, wenn die tatsächliche Durchsetzung des Willens des Organträgers bei der Organgesellschaft durch organisatorische Maßnahmen gewährleistet ist. Dies setzt nicht notwendigerweise Personenidentität voraus: Nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Gewinnspanne beim Mietzins ergibt sich, dass die Bank die Willensbildung der Gesellschaft faktisch beherrscht. Weitere Kriterien, die für eine organisatorische Eingliederungen sprechen, sind fehlendes Büropersonal bei der Organgesellschaft und die Durchführung administrativer Aufgaben durch den Organträger, ohne dass Kosten verrechnet werden. Es ist daher – trotz einer fehlenden Personenidentität – von einer organisatorischen Eingliederung auszugehen.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Eingliederung wird seitens des VwGH ausgeführt, dass in der Vergangenheit zwar bei Unternehmen, die in völlig unterschiedlichen Bereichen tätig sind, eine wirtschaftliche Eingliederung verneint wurde. Dies findet allerdings im vorliegenden Fall keine Anwendung, da die Vermietung der Gebäude auch für die Geschäfte der Bank erforderlich ist und die Gesellschaft daher auch Bankgeschäfte im weitesten Sinn tätigt (zB auch durch für Bankgeschäfte notwendige Tätigkeiten im Backoffice). Daher bejahte der VwGH das Vorliegen einer Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 UStG und versagte den geltend gemachten Vorsteuerabzug.

Praxisfolgen

Das Urteil kommt wenig überraschend, für die Praxis bringt das Urteil aber weitere Klarheit. Bislang war schon unbestritten, dass organisatorische Eingliederung nicht nur durch Personenidentität, sondern auch durch organisatorische Maßnahmen im eigentlichen Sinn (zB kein eigenes Büropersonal des Organs, Durchführung administrativer Tätigkeiten durch den Organträger) gewährleistet werden kann. Nun hat der VwGH aber auch die Preisbildung der Organgesellschaft als Beurteilungskriterium herangezogen: Keine Gewinnmarge zu verrechnen, ist im Geschäftsleben eher ungewöhnlich und deutet daher im Umkehrschluss darauf hin, dass der Leistende eben dem Willen eines anderen unterworfen ist.

Dies gilt es bei bestehenden wie auch neuen Organschaften als zusätzliches Beurteilungskriterium zu berücksichtigen. Umgekehrt kann die Verrechnung einer Gewinnmarge nun auch als Indiz herangezogen werden, dass die betroffene Gesellschaft nicht dem Willen eines anderen unterworfen ist. Dies allein wird aber nicht ausreichend für eine abschließende Beurteilung sein und muss daher mit weiteren Indizien konform gehen, die auf die Selbstständigkeit der Gesellschaft hinweisen.