VwGH zur Pflicht zur Gläubigergleichbehandlung bei Zahlungen aus Mitteln Dritter oder aus privaten Mitteln des Geschäftsführers

Der VwGH beschäftigte sich am 23. April 2021 mit der Frage, ob der Geschäftsführer einer GmbH auch bei Zahlungen aus Mitteln Dritter oder aus seinen privaten Mitteln zur Gläubigergleichbehandlung verpflichtet ist.

In der Rechtssache geht es um den Geschäftsführer einer GmbH, der zwar Löhne und Gehälter ausbezahlt, die damit fälligen Abgaben jedoch nicht entrichtet hat. Vom Magistrat wurde der Geschäftsführer zur Haftung für die offenen Abgaben der GmbH (Kommunalsteuer und Wiener Dienstgeberabgabe) herangezogen. Daraufhin erhob der Geschäftsführer Beschwerde und begründete dies damit, dass er nicht gegen die Gläubigergleichbehandlung verstoßen habe. Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der GmbH seien die an einzelne Gläubiger getätigte Zahlungen aus den privaten Mitteln des Geschäftsführers oder von Dritten erfolgt.

Das BFG hob den Bescheid des Magistrats auf, da Zahlungen aus den privaten Mitteln des Geschäftsführers nicht von der Pflicht zur Gläubigergleichbehandlung umfasst seien. Gegen diese Entscheidung erhob das Magistrat Revision. Der VwGH hob die Entscheidung des BFG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.

Entscheidend ist laut dem VwGH, ob eine Ungleichbehandlung des Abgabengläubigers vorliegt. Hierbei ist zu unterscheiden:

  • Wenn ein Dritter an einen Gläubiger der GmbH Zahlung leistet und der GmbH-Geschäftsführer keinen Einfluss auf die Zahlung hatte, so kommt eine Haftung des Geschäftsführers mangels Verschuldens nicht in Frage.
  • Wenn ein Dritter an einen Gläubiger der GmbH auf Anweisung des GmbH-Geschäftsführers und in Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber der GmbH Zahlung leistet, so liegt eine Verfügung des Geschäftsführers über Mittel der GmbH vor. Der Geschäftsführer ist zur Gleichbehandlung des Abgabengläubigers verpflichtet. Falls der Geschäftsführer gegen diese Verpflichtung verstößt, kommt es zur Haftung.
  • Falls die Zahlung des Dritten an einen Gläubiger der GmbH auf Anweisung des Geschäftsführers hingegen auf Kredit erfolgt (Gläubigerwechsel), so unterliegt auch dies der Verpflichtung zur Gleichbehandlung. Dies gilt auch, wenn der Dritte den Kredit ausschließlich zur Befriedigung konkreter Forderungen von konkret genannten Gläubigern gewährt und die Zahlung unmittelbar an diese Gläubiger erfolgt.

 

Gleiches gilt für Zahlungen des Vertreters aus eigenen Mitteln.

Praxisfolgen

Aus der VwGH-Entscheidung lässt sich ableiten, dass bei Zahlungen des Geschäftsführers aus seinen eigenen Mitteln ebenfalls eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung besteht. Ein Abgabengläubiger ist benachteiligt, wenn diese Mittel nicht auch anteilig zur Begleichung der Abgabenforderungen verwendet werden. Eine Haftung des Vertreters scheidet auch hier nur aus, wenn der Vertreter auf diese Zahlung keinen Einfluss hatte (zB bei einer Exekution gegen den Vertreter).

Besondere Vorsicht ist also geboten, wenn Geschäftsführer Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus eigenen Mitteln begleichen. Gibt es noch andere Gläubiger, sind diese ebenfalls gleich zu bedienen. Ansonsten muss der Geschäftsführer weitere Mittel aufbringen, wenn er von anderen Gläubigern zur Haftung herangezogen wird.