Ein ehemaliger Geschäftsführer einer GmbH wurde gemäß § 9 BAO iVm § 80 ff BAO für deren aushaftenden Abgabenschulden in Anspruch genommen (die Gläubigergleichbehandlung wurde nicht nachgewiesen). Der Revisionswerber machte in der Beschwerde geltend, dass dieser nur einer von insgesamt drei Geschäftsführern und nicht für steuerliche Angelegenheiten zuständig gewesen sei.
Das BFG wies die Beschwerde mit der Begründung ab, dass der Revisionswerber die Tätigkeit des für steuerliche Angelegenheiten zuständigen Geschäftsführers überprüfen hätte müssen.
Der VwGH hat am 01.02.2021 entschieden, dass die Ermessensentscheidung, wer von mehreren Vertretern als in Frage kommende Haftungspflichtige in Anspruch genommen werden, entsprechend zu begründen ist. Dies hat das BFG unterlassen.
Darüber hinaus trifft nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bei Vorliegen einer Geschäftsverteilung die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit denjenigen Geschäftsführer, der für die Besorgung der Abgabenangelegenheiten zuständig ist. Die Haftung eines anderen Geschäftsführers tritt nur ein, wenn für ihn ein Anlass vorliegt, an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des anderen Geschäftsführers zu zweifeln und er es dennoch unterlässt, dagegen Abhilfe zu schaffen. Falls ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten aus triftigen Gründen unmöglich gewesen wäre, trifft ihn keine Haftung. Im vorliegenden Fall geht nicht hervor, ob bei Annahme einer Aufgabenverteilung für den Revisionswerber ein Anlass bestanden hätte, an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des anderen Geschäftsführers zu zweifeln. Ebenso geht nicht hervor, ob im vorliegenden Fall eine Aufgabenverteilung bestand.
Das Erkenntnis des BFG wurde daher vom VwGH wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Bei mehreren Haftungspflichtigen darf nicht nur einer der Vertreter in voller Höhe zur Haftung herangezogen werden, insbesondere, wenn eine interne Geschäftsverteilung vorliegt und die Haftung den Ressortbereich eines anderen Vertreters betrifft. Wenngleich der VwGH dies immer wieder klar zum Ausdruck bringt, ist die Praxis der Abgabenbehörde nach wie vor (und wie auch dieser Fall zeigt) eine andere.
Dennoch ist in der Praxis bei mehreren Geschäftsführern eine interne Aufgabenverteilung geboten, um Doppelgleisigkeiten oder gar ein Untätigbleiben zu vermeiden. Die interne Aufgabenteilung sollte jedenfalls auch entsprechend dokumentiert werden. Im Falle einer Vertreterhaftung ist der für das jeweilige Ressort zuständige Geschäftsführer zur Haftung heranzuziehen. Die anderen Vertreter haften nur dann, wenn ein Anlass vorliegt, an der ordnungsgemäßen Pflichterfüllung des verantwortlichen Geschäftsführers zu zweifeln.