OGH: Keine Zinsminderung wegen Pandemie bei Rechtsanwaltskanzlei

Der OGH hat in diesem Urteil entschieden, dass eine weitgehend geschlossene Rechtsanwaltskanzlei während des Lockdowns aufgrund fehlender Mandantenbesuche, Kurzarbeit und Home-Office keine Zinsminderung rechtfertigt.

Im Sachverhalt geht es um einen Mieter, welcher im Mietobjekt eine Rechtsanwaltskanzlei betreibt. Während des Covid-19-Lockdowns wurden seine Dienstleistungen um rund 80 % weniger nachgefragt. Aufgrund fehlender Mandantenbesuche, geringen Arbeitsanfalls, Kurzarbeit sowie der Home-Office-Tätigkeit der Mitarbeiter wurde das Mietobjekt im Zeitraum von Mitte März bis Ende Mai 2020 nur in geringem Maß genutzt. Die Vorinstanzen folgten der Ansicht des Mieters und bejahten das Zinsminderungsrecht im Ausmaß von 80 %. Dass man zwar arbeiten habe dürfen, aufgrund der gesetzlichen Anordnungen und des damit einhergehenden Kundenausfalls aber nicht arbeiten habe können, sei der Unbenutzbarkeit des Objekts infolge einer pandemiebedingten behördlichen Schließung gleichzusetzen.

Demgegenüber lehnte der OGH eine Zinsminderung jedoch ab. Der OGH verweist dabei auf § 1104 ABGB, wonach der Bestandgeber eines nicht gebrauchten Mietobjekts aufgrund einer Seuche – wozu auch die Covid-19-Pandemie zählt – zur Wiederherstellung nicht verpflichtet ist, jedoch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten. Ist es hingegen dem Bestandnehmer nicht möglich, das Bestandobjekt zu nutzen, obwohl es benutzbar ist, so fällt ihm das Zinsrisiko zu. Demnach hat er den Zins zu zahlen, obgleich er gar keinen oder nur einen verringerten Gebrauchsnutzen hat. Im vorliegenden Fall konnte und durfte das Bestandsobjekt als Rechtsanwaltskanzlei genutzt werden. Die Kanzlei sei zwar nur fallweise genutzt worden, dies jedoch nicht aufgrund pandemiebedingter behördlicher Maßnahmen, sondern aufgrund der unternehmerischen Entscheidung des Geschäftsführers. Der Revision sei daher Folge zu geben und der Geschäftsführer der Kanzlei zur Zahlung des Mietzinses zu verpflichten.

Praxisfolgen

Ob ein Zinsminderungsrecht bestanden hätte, wenn die Kanzleischließung wegen behördlicher Empfehlungen oder zur Verringerung der Ansteckungsgefahr erfolgt wäre, blieb mangels entsprechenden Vorbringens des Mieters offen. Vielmehr war das zentrale Argument des Mieters, dass die Nutzung des Bestandsobjekts aufgrund der pandemiebedingten stark reduzierten Nachfrage der Dienstleistungen eingeschränkt war.

Auswirkungen hat das Urteil auch auf mögliche COVID-Förderungen. Aus Sicht des Mieters kann unter diesem Gesichtspunkt der gesamte Mietzins Gegenstand einer Förderung sein.