Der VwGH hat in der gegenständlichen Entscheidung ausgesprochen, dass sich das Vorliegen einer Vertreterstellung nach den zivil- bzw. gesellschaftsrechtlichen Vorschriften bestimmt. Dabei kommt einer Eintragung als Geschäftsführer im Firmenbuch auch für die abgabenrechtliche Haftung nur deklarative Bedeutung zu.
Der Revisionswerber war seit Mai 2017 als Geschäftsführer der O GmbH im Firmenbuch eingetragen. Daraufhin wurde er im März 2019 zur Haftung für Kommunalsteuerrückstände der GmbH herangezogen.
Es wurde festgestellt, dass der Revisionswerber, der als Koch für eine der Gesellschafterinnen der GmbH tätig war, über keinerlei Deutschkenntnisse verfügt und ebenso nicht die lateinische Schrift lesen könne. Dennoch wurde dieser im Jahr 2017 zum Geschäftsführer der O GmbH bestellt und gab bei einem öffentlichen Notar eine Musterzeichnung ab. Dem Revisionswerber wurde die Eintragung in das Firmenbuch als Geschäftsführer jedoch erst im Herbst 2017 durch ein Gespräch bekannt, da er aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse „quasi blind“ unterschrieben hatte und auf die Angaben des faktischen Geschäftsführers vertraut, dass er eigentlich als Gesellschafter eingesetzt werde.
Das BFG wies seine Beschwerde ab, da er unbestritten als alleiniger Geschäftsführer der GmbH im Firmenbuch eingetragen war und somit zu dem in der BAO genannten Personenkreis gehöre.
Der VwGH führt dazu jedoch aus, dass die Vertretung von juristischen Personen sich nach den Vorschriften des Zivilrechts bestimmt. Die Bestellung des Geschäftsführers wird mit der Fassung des Gesellschafterbeschlusses und der Annahme der Bestellung durch den Bestellten wirksam, wobei die Eintragung in das Firmenbuch nur eine deklarative Bedeutung hat. Bei der Beurteilung der Annahme der Bestellung zum Geschäftsführer kommt es auf den objektiven Erklärungswert an, also darauf, wie ein redlicher Empfänger einer Erklärung diese unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen musste. Dabei kann die Annahme der Bestellung auch schlüssig erfolgen; etwa durch die Abgabe der Musterzeichnung oder Tätigwerden für die Gesellschaft. Bei der Unterfertigung der Musterzeichnungserklärung habe der Revisionswerber auf die falschen Angaben des faktischen Geschäftsführers vertraut, dass er eigentlich als Gesellschafter eingesetzt werden sollte. Damit hatte der faktische Geschäftsführer, die Unterfertigung der Musterzeichnungserklärung durch den Revisionswerber nicht als schlüssige Annahme der Bestellung verstehen können. Daher war die Bestellung des Revisionswerbers zum Geschäftsführer – trotz Eintragung im Firmenbuch – mangels Annahme der Bestellung des Revisionswerbers unwirksam. Eine Haftung als Geschäftsführer scheidet damit aus.
Obwohl die deklarative Wirkung der Eintragung eines Geschäftsführers im Firmenbuch unstrittig ist, war die Bedeutung eines Firmenbucheintrags für die abgabenrechtliche Haftung in bestimmten Bereichen noch unklar. Zwar hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Löschung aus dem Firmenbuch für eine abgabenrechtliche Haftung nur deklarative Wirkung hat – nun wurde aber auch geklärt, dass dies ebenso auf die Bestellung zutrifft. Ist die Bestellung eines Geschäftsführers demnach unwirksam, ist die Person auch kein Vertreter im Sinne der BAO und kann nicht zur Haftung herangezogen werden. Bei einer Täuschungshandlung wie im dargestellten Sachverhalt ist die Vertreterstellung im abgabenrechtlichen Haftungsverfahren unabhängig von der Eintragung im Firmenbuch zu prüfen.