EuGH: Kostenlose Übertragung einer Straße an die öffentliche Hand ist kein Eigenverbrauch

Jeder Immobilienentwickler hat sich bei größeren Projekten wahrscheinlich schon damit auseinandersetzen müssen: Eine der Auflagen, damit das Projekt  genehmigt wird, ist die Errichtung bestimmter Infrastruktur, die nach der Fertigstellung unentgeltlich an die öffentliche Hand übertragen wird. Darunter fällt meist die Errichtung von Straßen oder Kreisverkehren.

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Übertragung dieser Infrastruktur an die öffentliche Hand beschäftigt die österreichische Finanzverwaltung und die Gerichte seit Jahren. Bisher wurde davon ausgegangen, dass die unentgeltliche Übertragung als Eigenverbrauch eine Umsatzbesteuerung auslöst. Eine Auffassung, die angesichts der jüngsten EuGH-Judikatur Mitteldeutsche Hartstein-Industrie AG wohl nicht mehr pauschal aufrecht erhalten werden kann. 

Ein deutsches Unternehmen wollte einen Kalksteinbruch betreiben und erhielt von der Bezirksregierung auch die entsprechende Genehmigung.  Diese Genehmigung war allerdings an Auflagen geknüpft: Das Unternehmen musste bis zu einem bestimmten Datum eine (bereits bestehende) Gemeindestraße zu diesem Steinbruch ausbauen. Die Öffentlichkeit konnte die Straße kostenlos nutzen. 

Der EuGH entschied, dass dem Unternehmen der Vorsteuerabzug aus den im Zuge des Ausbaus bezogenen Leistungen zusteht. Dies wurde auch in Österreich bislang so gesehen. Während allerdings die Finanzverwaltung und auch der VwGH bisher davon ausgehen, dass die unentgeltliche Übertragung der Straße zu einem Eigenverbrauch führt (um einen unversteuerten Letztverbrauch zu verhindern), sieht der EuGH dies anders: Wird eine öffentliche Straße aus unternehmerischen Gründen ausgebaut (hier um den Schwerlastverkehr zum Steinbruch zu ermöglichen), liegt kein Eigenverbrauch vor. Es kommt dadurch auch zu keinem unversteuerten Letztverbrauch, da die Baukosten der Straße als Kostenelemente in die steuerpflichtigen Ausgangsumsätze des Unternehmens einfließen.

Wie dieses Urteil in Österreich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Derzeit ist ein Verfahren zu diesem Thema beim VwGH anhängig, das bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt wurde. Für Immobilienentwickler ergeben sich dadurch jedenfalls Gestaltungsmöglichkeiten. Unternehmer, die in den letzten Jahren unentgeltlich Infrastruktur an die öffentliche Hand übertragen und eine Eigenverbrauchsbesteuerung oder Vorsteuerkorrektur durchgeführt haben, sollten prüfen, ob eine Berichtigung noch möglich ist. Wir helfen gerne dabei!