EuGH zur Minderung der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer

Der EuGH beschäftigte sich in einer jüngsten Entscheidung mit der Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage im Fall eines Preisnachlasses nach Bewirkung eines Umsatzes.

Im Sachverhalt geht es um eine ungarische Tochtergesellschaft eines pharmazeutischen Unternehmens, welche im Vertrieb von Arzneimitteln an Großhändler tätig ist. Diese Arzneimittel können vom staatlichen Krankenversicherungsträger bezuschusst werden: Der Patient zahlt an die Apotheke einen Betrag, die „Erstattungsgebühr“, die der Differenz zwischen dem Preis des Arzneimittels und dem vom Versicherungsträger gezahlten Zuschussbetrag entspricht. Der Versicherungsträger vergütet der Apotheke nachträglich den Zuschussbetrag. Der Arzneimittelpreis, den die Apotheken erhalten und der die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist, besteht somit aus dem Zuschuss und der „Erstattungsgebühr“.

Um einen derartigen Zuschuss gewährleisten zu können, schloss das ungarische Unternehmen mit dem Krankenversicherungsträger für den Zeitraum Oktober 2013 bis Dezember 2017 „Zuschussvolumenverträge“ und verpflichtete sich, für die Menge der von ihr vertriebenen Arzneimittel Zahlungen in Höhe des festgelegten Betrags zu leisten, die vom Umsatz aus dem Verkauf dieser Arzneimittel abgezogen wurden. Dieser Betrag richtete sich nach den Zuschuss der Versicherungsträgers und betrug in einigen Fällen 100%.

Zwar wurden seitens des Versicherungsträgers keine Rechnungen ausgestellt, jedoch wurden die geleisteten Zahlungen in einer nachträglich überprüfbaren Weise dokumentiert. Das Unternehmen verminderte unter Berufung auf Zahlungen aus den Zuschussvolumenverträgen den zu entrichtenden Umsatzsteuerbetrag um ungefähr EUR 1 Mio. Sowohl die erstinstanzliche Steuerbehörde als auch die Rechtsbehelfsdirektion wiesen dies ab. Nach Ansicht der Rechtsbehelfsdirektion erfüllen die an den Versicherungsträger geleisteten Zahlungen nicht die Voraussetzungen der Verminderung der Bemessungsgrundlage für die. Zum einen könnten die Zahlungen nicht als eine nachträgliche Erstattung „zur Absatzförderung“ angesehen werden und zum anderen seien die Zahlungen nicht gemäß den in ihrer Geschäftspolitik detailliert festgehaltenen Bedingungen geleistet worden.

Die Rechtsbehelfsdirektion betonte außerdem, dass das ungarische Umsatzsteuergesetz alle in Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie aufgezählten Fälle der Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage enthalte und sich kein Verstoß gegen das Unionsrecht feststellen lasse. Das Unternehmen machte hingegen geltend, dass der vom Unternehmen gezahlte Betrag der vom Umsatz abgezogen werde, gemäß Art. 90 Abs. 1 der MwStRL zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer führe, sodass Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer bestehe.

Der EuGH führt in diesem Zusammenhang aus, dass die Mehrwertsteuer nur den Endverbraucher belasten und für die Steuerpflichtigen aus den Produktions- und Vertriebsstufen völlig neutral sein soll. Zudem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Steuerbemessungsgrundlage und somit der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Mehrwertsteuer immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach Bewirkung eines Umsatzes die gesamte Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält. Im vorliegenden Fall verzichtet das Unternehmen mit dem Abschluss der Verträge auf einen Teil der vom Großhändler gezahlten Gegenleistung. Es stünde nicht in Einklang mit der Mehrwertsteuerrichtliniewenn, wenn der Betrag, der als Bemessungsgrundlage für die von dem pharmazeutischen Unternehmen als Steuerpflichtigem geschuldete Mehrwertsteuer dient, höher wäre als der Betrag, den es letztlich erhalten hat. Des Weiteren sind Art. 90 Abs. 1 und Art. 273 der MwStRL dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach die nachträgliche Verminderung der Bemessungsgrundlage voraussetzt, dass der erstattungsberechtigte Steuerpflichtige über eine Rechnung verfügt, die auf seinen Namen lautet und den zur Erstattung berechtigenden Umsatz nachweist.

Praxisfolgen

Die Neutralität der Mehrwertsteuer wird dann beeinträchtigt, wenn es dem Steuerpflichtigen unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird, eine Rechnung zu erhalten, die eine unerlässliche Bedingung für die Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage ist. In diesem Fall erlaubt der Mitgliedstaat dem Steuerpflichtigen, vor den nationalen Steuerbehörden mit anderen Mitteln nachzuweisen, dass dieser Umsatz tatsächlich bewirkt worden ist.

In Österreich ist eine Minderung der Bemessungsgrundlage nicht an eine Rechnungskorrektur oder Ähnliches geknüpft. In der Praxis empfiehlt es sich jedoch, dass entsprechende Belege (zB eine kaufmännische Gutschrift) ausgestellt werden, um – zusammen mit einem Zahlungsnachweis – die Minderung der Bemessungsgrundlage zu belegen.