EuGH zur Maßgeblichkeit des Außenverhältnisses

Der EuGH beschäftigte sich in diesem Fall mit der Frage, wer im Rahmen eines Zusammenschlusses mehrerer Personen als Steuerschuldner anzusehen ist und wem der Vorsteuerabzug zusteht.

Die Schwestern ASA und PP waren Miteigentümerinnen eines Grundstücks in Rumänien. Ende 2006 schlossen sie mit BP und MB einen Vertrag über einen Zusammenschluss ohne Rechtspersönlichkeit im Hinblick auf die Errichtung eines Immobilienkomplexes, bestehend aus acht Wohngebäuden mit 56 Wohnungen. Der Vertrag sah vor, dass BP und MB die Kosten für die Errichtung gemeinsam tragen. Die Gewinnbeteiligung war auf ASA und PP zu je 16,67 % und auf BP und MB zu je 33% aufgeteilt. Schließlich wurden sowohl MB als auch BP bevollmächtigt, im Namen und für Rechnung von ASA und PP deren Eigentumsrecht an allen zu errichtenden Wohnungen zu übertragen.  ASA und PP wurden jeweils zur Hälfte als Eigentümerinnen bzw. Miteigentümerinnen der Wohnungen im Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2008 wurden 53 Wohnungen verkauft, bei denen im Kaufvertrag nur ASA und PP als Eigentümerinnen genannt wurden. BP und MB wurden nicht erwähnt und die Verträge erhielten auch keine Bezugnahme auf die Mehrwertsteuer oder den Zusammenschluss.

Im Anschluss an eine Steuerprüfung erließ die Steuerbehörde einen Steuerbescheid, wonach ASA Mehrwertsteuer in Höhe von EUR 109 000 und Verspätungszuschläge sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 98 000 schuldete, da ASA (alleine oder gemeinsam mit PP) auf Grund des Verkaufs der Wohnungen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hatte. Zur Begründung stützte sich die Steuerbehörde auf den Zusammenschlussvertrag, der nicht förmlich registriert war. Der Einspruch gegen diesen Steuerbescheid wurde von der Steuerbehörde zurückgewiesen. ASA erhob Klage beim Berufungsgericht, welche stattgelegt wurde und zur erneuten Prüfung an das vorlegende Gericht zurückgewiesen wurde. Im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits wurde festgestellt, dass ASA zur Kategorie der Steuerpflichtigen gehöre und die wirtschaftliche Tätigkeit einen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz darstelle. MB und BP haben in Bezug auf die Lieferung der Immobilien keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie selbständig ausgeübt haben, so dass sie nicht die Eigenschaft eines „Steuerpflichtigen“ im Sinne dieser Bestimmung haben.

Der Fall wurde in weiterer Folge dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Die Vorlagefragen bezogen sich einerseits darauf, ob neben ASA (und allenfalls PP) auch BP und MB in Bezug auf auf die Umsätze aus dem Verkauf der Wohnungen als Steuerpflichtige einzustufen sind. Dies wurde vom EuGH verneint, da BP und MB ausschließlich im Namen und auf Rechnung der ASA sowie PP tätig wurden und (nur) diese auch in den Kaufverträgen aufschienen.

Die zweite Frage bezog sich darauf, ob einem Steuerpflichtigen (ASA), der nicht über eine auf seinen Namen ausgestellte Rechnung verfügt, dennoch das Recht auf Vorsteuerabzug zusteht. Dies betraf Rechnungen an BP und MB, die mit der Errichtung des Immobilienkomplexes betraut waren und die über entsprechende (auf ihre Namen ausgestellte) Rechnungen verfügten.

Zwar hat der EuGH bereits mehrfach entschieden, dass der Vorsteuerabzug auch gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formalen Voraussetzungen nicht genügt hat. Der Steuerpflichtige muss daher belegen, dass ihm andere Steuerpflichtige auf einer vorausgehenden Umsatzstufe tatsächlich Leistungen erbracht haben, die seinen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätzen dienten und für die er die Mehrwertsteuer tatsächlich entrichtet hat. Sofern dies nicht mit objektiven Nachweisen belegt werden kann, steht einem Steuerpflichtigen, der nicht über eine auf seinen Namen ausgestellte Rechnung verfügt, daher kein Vorsteuerabzug zu.

Praxisfolgen

Das Urteil ist wenig überraschend, zeigt aber eindrücklich, wie wichtig es ist, wer in welchem Namen nach Außen hin auftritt. Im vorliegenden Fall schuldete eine Person (ASA) die gesamte Mehrwertsteuer aus dem Verkauf von Wohnungen. Die Verkäufe schlossen faktisch zwar andere ab, diese waren jedoch bevollmächtigt, Geschäfte im Namen und auf Rechnung dieser Person abzuschließen. Umsatzsteuerrechtlich hat dies zur Folge, dass Verkäufe zur Gänze dieser Person, in deren Namen aufgetreten wird, zuzurechnen sein. Nicht maßgeblich ist ein möglicher Verteilungsschlüssel für Gewinne und dergleichen, die lediglich im Innenverhältnis der beteiligten Personen oder Gesellschafter zur Anwendung kommen. Die Eingangsleistungen wurden hingegen von den Vertretern im eigenen Namen bezogen und die Rechnungen entsprechend an diese ausgestellt. Nur diesen steht daher auch ein Vorsteuerabzug zu.

In der Praxis können vergleichbare Konstellationen oft bei MEGs, ARGEs, oder GesbR vorkommen. Tritt beispielweise die Gesellschaft nach Außen auf, werden dieser auch die Umsätze zugerechnet. Nicht maßgeblich ist, ob die Gesellschaf auch über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt. Werden Eingangsleistungen hingegen von einem Gesellschafter beauftragt und an diesen verrechnet, kann dies zur Folge haben, dass weder dem Gesellschafter noch der Gesellschaft ein Vorsteuerabzug zusteht.

Auch bei Vermittlungen muss tunlichst darauf geachtet werden, dass der Vermittler erkennbar nach Außen hin im fremden Namen und auf fremde Rechnung handelt (insbesondere auch, wenn dieser die Abrechnung übernimmt). Kommt dies nicht klar zum Ausdruck, werden dem Vermittler und nicht eigentlich Vertretenen die Umsätze und eine mögliche Umsatzsteuerschuld zugerechnet.