EuGH zur Fahrzeugüberlassung an Dienstnehmer

Vorteile und Benefits, die Unternehmer ihren Dienstnehmern gewähren, kommen in der Praxis häufig vor. Umsatzsteuerrechtlich stellt sich dabei in einem ersten Schritt die Frage, ob diese Vorteile unentgeltlich gewährt werden oder ob dem tatsächlich ein Leistungsaustausch gegenübersteht. Während letzteres in manchen Konstellationen leicht erkennbar ist (zB wenn ein Teil des Gehaltes einbehalten wird), kann es auch unter Umständen schwieriger zu beurteilen sein. Ein Beispiel sind tauschähnliche Umsätze, wenn also ein Dienstnehmer den Vorteil erhält und dafür einen Teil seiner Arbeitsleistung aufwendet. In diesen Fällen liegt ein Leistungsaustausch (Leistung gegen Entgelt vor), während es in Fällen der Unentgeltlichkeit zu einem Eigenverbrauch kommt. Dieser ist jedoch einer Lieferung oder sonstigen Leistung gleichgestellt, sofern ein Vorsteuerabzug für den Bezug dieser Leistungen geltend gemacht werden konnte.

Nachdem geklärt ist, ob ein entgeltlicher Leistungsaustausch oder ein gleichgestellter Eigenverbrauch vorliegt, stellt sich die Frage des Leistungsorts. Während die österreichische Finanzverwaltung bislang den Ort des Eigenverbrauchs jenem Ort gleichgestellt, der sich im Fall eines entgeltlichen Leistungsaustauschs ergibt, sieht der EuGH (20. Jänner 2021, C-288/19, QM) dies differenzierter. Dem EuGH-Urteil lag die unentgeltliche Überlassungen eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs zugrunde. Diese Fahrzeuge wurden von einem luxemburgischen Unternehmer an Dienstnehmer mit Wohnsitz in Deutschland überlassen. Die Dienstnehmer konnten die Fahrzeuge unentgeltlich auch privat nutzen.

Während diese unentgeltliche Privatnutzung (= Eigenverbrauch) von der deutschen (wie auch der österreichischen) Finanzverwaltung einer langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln gleichgestellt wird, die dort der Umsatzsteuer unterliegt, wo der Mitarbeiter wohnhaft ist, sieht der EuGH dies anders: Analog zur Vermietung von Grundstücken verlangt auch die Vermietung von Beförderungsmitteln, dass die Überlassung gegen Entrichtung eines Mietzinses erfolgt. Gerade das ist aber in Fällen der Unentgeltlichkeit nicht der Fall. Die Voraussetzung eines Mietzinses wird auch nicht dadurch aufgewogen, dass ertragsteuerlich ein geldwerter Vorteil vorliegt.

Die unentgeltliche Fahrzeugüberlassung unterliegt somit nicht im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers der Umsatzsteuer, sondern im Ansässigkeitsstaat des Unternehmers. Dabei kommen folgende Konstellationen in Betracht:

  • Fahrzeugüberlassung von österreichischen Unternehmern an ausländische Dienstnehmer
    • Einen vorangegangenen Vorsteuerabzug vorausgesetzt, unterliegt der Eigenverbrauch nach der EuGH-Rechtsprechung der Umsatzbesteuerung in Österreich.
    • Bislang geht die österreichische (wie zB auch die deutsche) Finanzverwaltung von einer Eigenverbrauchsbesteuerung in jenem Land aus, in dem der Dienstnehmer seinen Wohnsitz hat.
  • Fahrzeugüberlassung von ausländischen Unternehmern an inländische Dienstnehmer
    • Der Eigenverbrauch ist im jeweilen Ansässigkeitsstaat des Unternehmers steuerbar (gemäß den dortigen Voraussetzungen, zB Vorsteuerabzug).
    • Die österreichische Finanzverwaltung geht hingegen davon aus, dass die Fahrzeugüberlassung in Österreich steuerbar ist. Wenn ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden konnte, muss in Österreich Umsatzsteuer erklärt und abgeführt werden.
 
Unternehmer, die Dienstfahrzeuge grenzüberschreitend auch zur Privatnutzung überlassen, sollten die Dienstverträge dahingehend prüfen, ob diese Überlassung unentgeltlich iSd EuGH-Judikatur erfolgt. Selbst bei abweichender nationaler Praxis können sich Unternehmer direkt auf das Unionsrecht und die EuGH-Rechtsprechung berufen und können unter Umständen von den oben dargestellten Fallkonstellationen profitieren.