EuGH zur Definition der festen Niederlassung (Umsatzsteuer-Betriebsstätte)

Ob ein Unternehmen eine feste Niederlassung in einem Staat begründet, ist für umsatzsteuerrechtliche Zwecke besonders bei der Leistungsortbestimmung und für die Bestimmung des Steuerschuldners relevant.

Gemäß Art 11 MwSt-DVO liegt eine feste Niederlassung vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Das Vorliegen eines hinreichenden Grads an Beständigkeit und
  • einer Struktur, die es der festen Niederlassung von der personellen und technischen Ausstattung erlaubt, Dienstleistungen zu erbringen bzw. zu empfangen.

Die Auslegung dieser Kriterien stößt in der Praxis jedoch immer wieder auf Schwierigkeiten. So legte der BFG dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:

„Ist dem Begriff der festen Niederlassung das Verständnis beizulegen, dass stets das Vorliegen einer personellen und technischen Ausstattung gegeben sein muss und daher an der Niederlassung unbedingt eigenes Personal des Dienstleistungserbringers vorhanden zu sein hat, oder kann im konkreten Fall der steuerpflichtigen Vermietung einer im Inland belegenen Liegenschaft, die sich bloß als passive Duldungsleistung darstellt, diese auch ohne personelle Ausstattung als ‚feste Niederlassung‘ anzusehen sein?“

Ausgangspunkt dieses Rechtsstreits ist die Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung, wonach die Vermietung eines österreichischen Grundstücks jedenfalls als feste Niederlassung anzusehen ist. Konsequenz daraus ist, dass ausländische Unternehmer, die Grundstücke oder Räumlichkeiten vermieten, sich in Österreich steuerlich registrieren lassen sowie Umsatzsteuer erklären und abführen müssen. Der EuGH hat diese Ansicht jedoch verworfen und am 3. Juni 2021 entschieden, dass eine in einem Mitgliedstaat vermietete Immobilie keine feste Niederlassung darstellt, wenn der Eigentümer der Immobilie nicht über eigenes Personal für die Leistungsbewirkung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügt.

Praxisfolgen

Aus dem EuGH-Urteil lässt sich zweierlei ableiten:

  • Es muss sowohl eine personelle als auch eine technische Ausstattung (kumulativ) vorliegen.
  • Es muss sich um eigenes Personal handeln, dh beauftragte selbstständige Dritte gelten nicht als personelle Ausstattung (auch wenn Sachmittel vorhanden sind).

Die Reaktion der österreichischen Finanzverwaltung bleibt noch abzuwarten. Steuerpflichtige können sich bereits auf die für sie günstigere Rechtslage beziehen: Soll keine feste Niederlassung begründet werden, kann man sich auf das Unionsrecht berufen. Sollte hingegen bereits eine feste Niederlassung bestehen (oder soll eine solche begründet werden), so ist dies auf Basis der UStR, an welche die Finanzämter grundsätzlich gebunden sind, weiterhin vertretbar. Letzteres ist jedoch mit dem Risiko verbunden, dass bei einem möglichen Rechtsmittelverfahren das Gericht das Vorliegen einer festen Niederlassung verneinen wird – sofern die Vermietungstätigkeit ohne eigenes Personal realisiert wird.

Schwierig zu beurteilen kann nach wie vor das Kriterium der Beständigkeit sein, vor allem bei Niederlassungen, die von Vornherein nicht auf Dauer ausgelegt sind (zB Baustellen). Diesbezüglich wären weitere Klarstellungen wünschenswert.