EuGH zur Bemessungsgrundlage bei Differenzbesteuerung

Der EuGH hat sich in einem aktuellen Urteil mit der Frage befasst, ob die Umsatzsteuer, die ein Wiederverkäufer im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbsentrichtet, als Teil des Einkaufspreises gemäß Art 312 Abs 2 MwSt-RL anzusehen ist, und ob diese somit die Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung reduziert.

Der Fall betrifft Herrn Mensing, einen in Deutschland ansässigen Kunsthändler, der Kunstgegenstände aus anderen Mitgliedsstaaten erworben hatte. Diese Transaktionen wurden im Ursprungsland als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt und Herr Mensing versteuerte sie entsprechend als innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsland Deutschland. Im Zuge des Verkaufs der Kunstgegenstände Wollte er die Differenzbesteuerung gemäß § 25a dUStG (Art 311 ff MwSt-RL) anwenden, was vom Finanzamt abgelehnt wurde.

Der Kern des Problems liegt in der unterschiedlichen Auslegung der Begriffe „Einkaufspreis“ und „Verkaufspreis“ gemäß der MwSt-RL. Der EuGH stellte fest, dass die Umsatzsteuer bei einem innergemeinschaftlichem Erwerb nicht Bestandteil des Einkaufspreises ist, da sie nicht an den Lieferer, sondern an das Finanzamt gezahlt wird (im Gegensatz zu innerstaatlichen Lieferungen). Obwohl auch die Europäische Kommission darauf hinwies, dass die Einbeziehung der Umsatzsteuer in den Einkaufspreis Doppelbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen vermeiden könnte, betonte der EuGH, dass die Interpretation einer Bestimmung im Kontext ihres Zwecks den klaren und unmissverständlichen Wortlaut der Bestimmung nicht außer Kraft setzen darf.

Der EuGH äußert auch Bedenken hinsichtlich des Neutralitätsgrundsatzes, da die Handelsspanne (Marge) unterschiedlich berechnet wird, abhängig davon, ob der Wiederverkäufer den Gegenstand im Rahmen einer innerstaatlichen Lieferung, eines innergemeinschaftlichen Erwerbs oder einer Einfuhr erworben hat. Trotzdem kann der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nichts am klaren Wortlaut der Bestimmung ändern.

Praxisfolgen

Für Kunsthändler ist diese Urteil wenig erfreulich. Der EuGH stellt klar, was unter dem “Einkaufspreis” iSd Differenzbesteuerung zu verstehen ist, und erkennt gleichzeitig eine Ungleichbehandlung bzw eine Verletzung der steuerlichen Neutralität. Während bei innerstaatlichen Lieferungen die Umsatzsteuer Teil des Einkaufspreises ist, ist sie es beim innergemeinschaftlichen Erwerb nicht. Bei letzterem wird die Umsatzsteuer nämlich nicht an den Lieferanten gezahlt (der sie in weiterer Folge an das Finanzamt abführt), sondern direkt vom Erwerber an das Finanzamt abgeführt. Erwirbt ein Kunsthändler somit Kunstgegenstände aus dem übrigen Unionsgebiet, wird er beim Weiterverkauf finanziell schlechter gestellt, als wenn die Gegenstände steuerpflichtig im Inland erworben werden. Eine rasche Reaktion des Unionsgesetzgebers ist daher wünschenswert.