Aktuelle Rechtsprechung des VwGH zur Berücksichtigung von im Ausland steuerbaren Werbungskosten bei Anwendung der Anrechnungsmethode

Der VwGH hatte sich in einem neueren Urteil mit der Ermittlung der österreichischen Steuerlast bei Anwendung der Anrechnungsmethode zu befassen.

Der in Österreich steuerlich ansässige Revisionswerber war in den Jahren 2012 bis 2015 in der Schweiz als Richter tätig, wobei die Tätigkeit in der Schweiz lediglich in geringem Ausmaß ausgeübt wurde. Einerseits war strittig, ob die Vergütungen für in Österreich ausgeübte Arbeit in Österreich besteuert werden durften und andererseits, ob die in der Schweiz abzugsfähigen Werbungskosten in Österreich steuerlich berücksichtigt werden mussten.  Das BFG führte aus, dass die in der Schweiz gezahlte Steuer in Österreich zur Gänze anzurechnen sei, jedoch sei jener Anteil an Werbungskosten, welcher die (auch) in der Schweiz zu besteuernden Einkünfte betraf, bei der Einkommensteuerermittlung nicht zu berücksichtigen. Daher seien die bisher berücksichtigten Werbungskosten auf den Prozentanteil gekürzt worden, wie er sich im Verhältnis der Einnahmen mit Schweizer Besteuerungsrecht zu den Einnahmen mit ausschließlich österreichischem Besteuerungsrecht ergäbe. Folglich wurde die in der Schweiz gezahlte Steuer in voller Höhe angerechnet, allerdings wurden bei Ermittlung der österreichischen Steuer die Werbungskosten nur anteilig berücksichtigt.

Der VwGH qualifizierte dieses Vorgehen als rechtswidrig. Nach Art 23 Abs 2 letzter Satz DBA rechnet Österreich auf die vom Einkommen zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht; dieser darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, welche auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt. Bei der Ermittlung der Einkünfte dürfen Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Nach Rechtsprechung des VwGH (VwGH 26.11.2002, 2002/15/0033) sind als derartige nicht steuerpflichtige Einnahmen insbesondere auch solche anzusehen, die aufgrund eines DBA von der Besteuerung ausgenommen sind.

Der VwGH betont, dass im vorliegenden Fall die Einnahmen aus der Tätigkeit als Richter in Österreich weder nach dem DBA noch nach nationalem Recht von der Besteuerung ausgenommen sind. Demnach stehen die Werbungskosten nicht anteilig mit in Österreich nicht steuerpflichtigen Einnahmen in Zusammenhang. Im Rahmen der Anrechnungsmethode sind die Werbungskosten folglich in voller Höhe anzusetzen und nicht fiktiv in einen aus- und inländischen Teil aufzuspalten. 

Praxisfolgen

Der VwGH geht in diesem Urteil auf die Kernthemen des Methodenartikels und insbesondere auf die Unterscheidung zwischen der Befreiungs- und Anrechnungsmethode ein. Es ist festzuhalten, dass Werbungskosten unter die Verteilungsnormen fallen. Diese legen fest, welchem Staat das “Besteuerungsrecht” an den Werbungkosten zuzurechnen ist. Ob die Werbungskosten tatsächlich zum Abzug zugelassen werden, ist dabei Sache des nationalen Rechts jenes Staates, dem nach dem DBA das Besteuerungsrecht zugewiesen wird. Nachdem das österreichische Recht den Werbungskostenabzug nach § 16 EStG ausdrücklich genehmigt, müssen im Rahmen der Anrechnungsmethode auch die in der Schweiz steuerbaren Werbungskosten bei der Ermittlung der österreichischen Gesamtsteuerlast berücksichtigt werden. Eine doppelte Berücksichtigung der Werbungskosten ist hierbei jedoch ausgeschlossen: Da Österreich verpflichtet ist, die Schweizer Steuer anzurechnen, die durch die Berücksichtigung der Werbungskosten in der Schweiz vermindert hätte werden können, muss Österreich einen geringeren Betrag anrechnen. Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass dieser Abzug in der Schweiz unterblieben ist – folglich müsste Österreich nur jene Steuer anrechnen, die sich nach Abzug der Werbungskosten, welche der Schweiz zuzuordnen waren, ergeben hätte.