Brexit - Was Unternehmen nun beachten müssen

Auch wenn in letzter Minute ein Freihandelsabkommen zwischen dem UK und der EU zustande kam, wird sich der Warenverkehr vom UK und in das UK stark vom bisher gewohnten freien Warenverkehr innerhalb der EU unterscheiden. Die zollrechtlichen Einfuhr- und Ausfuhrformalitäten sind nämlich unabhängig vom Freihandelsabkommen zu beachten.

Lieferungen aus der EU in das UK sind daher zur Ausfuhr anzumelden. Dies muss elektronisch erfolgen (in Österreich über e-zoll), nur in Sonderfällen ist die Verwendung schriftlicher Zollanmeldungen vorgesehen (mittels Einheitspapier). Spiegelbildlich dazu erfolgt im UK eine Einfuhr. Für im UK ansässige Unternehmer sind Vereinfachungen vorgesehen, indem die Waren lediglich in den Büchern anzuschreiben sind. Nach spätestens sechs Monaten nach der Einfuhr sind diese im Rahmen einer “ergänzenden Erklärung” anzumelden. Erst zu diesem Zeitpunkt werden auch die Einfuhrabgaben fällig. Diese Vereinfachung können in der EU ansässige Unternehmer jedoch nicht in Anspruch nehmen, auch nicht im Wege der ohnehin notwendigen indirekten Vertretung durch einen im UK ansässigen Spediteur oder Frachtführer. Es ist daher aus Sicht von in der EU ansässigen Unternehmern empfehlenswert, Lieferbedingungen zu vereinbaren, die den Kunden im UK zur Einfuhrabfertigung verpflichten (also zB EXW oder DAP). Die Vereinbarung von DDP ist auch aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nicht empfehlenswert, da dies parallel zur Einfuhrumsatzsteuer auch eine weitere Umsatzsteuerpflicht für den Lieferanten auslösen kann.

Lieferungen aus dem UK in die EU sind hingegen in der EU in ein zollrechtliches Verfahren zu überführen. In der Regel wird dies die Überlassung zum freien Verkehr sein, aber auch die aktive Veredelung zur Bearbeitung von Waren aus dem UK, das Zolllagerverfahren oder die vorübergehende Verwendung sind möglich. Letzteres wird zukünftig insbesondere für Messe- und Ausstellungsgüter, Warenmuster, Berufsausrüstung oder Beförderungsmittel relevant sein. Eine Vielzahl dieser Güter können jedoch relativ einfach durch die Verwendung eines Carnet ATA ohne große zollrechtliche Formalitäten befördert werden. Probleme kann es jedoch bei Gütern geben, die während der Übergangsfrist aus der EU in das UK verbracht wurden und erst nach Ablauf der Übergangsfrist zurück gelangen (und umgekehrt). 

Auf Grund des doch noch vereinbarten Freihandelsabkommens sind nun auch Präferenz- bzw Ursprungsregeln zu beachten. Während grundsätzlich alle Lieferung aus der EU in das UK und umgekehrt Zöllen unterliegen, könnten bestimmte Waren mit präferenziellem Ursprung im UK bzw der EU zollbegünstigt oder zollfrei eingeführt werden. Diese Regeln können jedoch äußerst komplex und kompliziert sein, insbesondere wenn mehrere Länder beteiligt sind und auch noch Kumulierungsregeln beachten werden müssen. Auch formelle Pflichten sind zu beachten, bspw die Ursprungserklärung, die eine Voraussetzung ist, damit eine Zollpräferenz überhaupt in Anspruch genommen werden kann. Unternehmen, die in das UK exportieren, sollten jedenfalls prüfen, ob Präferenzregeln zur Anwendung kommen und ob sie sich als ermächtigter Ausführer oder registrierter Ausführer erfassen lassen können, was Vereinfachung bei der Erstellung der Ursprungserklärung mit sich bringt.

Umsatzsteuerrechtlich ist das UK nun ein Drittland. Statt (steuerfreien) innergemeinschaftlichen Lieferungen werden nun (steuerfreie) Ausfuhrlieferungen in das UK getätigt. Werden Waren aus dem UK bezogen, liegt eine Einfuhr statt einem innergemeinschaftlichen Erwerb vor. Einen Sonderstatus nimmt allerdings Nordirland ein: Nordirland gilt – soweit Lieferungen betroffen sind – weiterhin als Mitgliedstaat der EU. Das betrifft sowohl das Zollrecht, als auch das Umsatzsteuerrecht.