Das BMF hat jüngst zur Frage Stellung genommen, ob der unterjährige Verlust der Eigenschaft als „Immobiliengesellschaft“ für die ausländischen Anteilseigner eine unmittelbare Wegzugsbesteuerung zur Folge hat.
Zum Hintergrund: Kommt es zum Verlust oder einer Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs auf Kapitalvermögen, wird eine Veräußerung fingiert. Dadurch kommt es zur Besteuerung allfälliger (fiktiver) Veräußerungsgewinne. Auf Grund einer Sonderklausel im DBA Österreich-Deutschland kann es auch bei Immobiliengesellschaften zu einer Wegzugsbesteuerung kommen:
Hintergrund war eine in Österreich ansässige GmbH, deren Vermögen zum vorherigen Bilanzstichtag aus nur einer einzigen in Österreich belegenen Immobilie (und damit aus unbeweglichem Vermögen) bestand, und deren alleiniger Anteilseigner in Deutschland ansässig war. Auf Grund von Art 13 Abs 2 DBA AT-DE steht Österreich für Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und sonstigen Anteilen an einer Gesellschaft, deren Aktivvermögen überwiegend aus unbeweglichem Vermögen in Österreich besteht, das Besteuerungsrecht zu. Als die GmbH die Immobilie veräußerte, stellte sich die Frage, ob der Verkauf beim in Deutschland ansässigen Anteilseigner eine Wegzugsbesteuerung gem § 27 Abs 6 Z 1 EstG auslöste und falls ja, zu welchem Zeitpunkt diese eintrat.
Eine Wegzugsbesteuerung wird durch Umstände ausgelöst, die zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts hinsichtlich der Gesellschaftsanteile im Verhältnis zu anderen Staaten führen. Verliert eine Gesellschaft auf Grund einer Veräußerung der Immobilie ihren Status als Immobiliengesellschaft, wird eine zukünftige Veräußerung der Anteile von Art 13 Abs 5 DBA AT-DE erfasst. Dieser weist das Besteuerungsrecht aber dem Ansässigkeitsstaats des Anteilseigners, hier also Deutschland, zu. Daher wird das Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich dieser Gesellschaftsanteile eingeschränkt.
Für die Beurteilung, ob eine Immobiliengesellschaft vorliegt, ist auf den der Veräußerung vorangegangenen Bilanzstichtag abzustellen. Erfolgt die Veräußerung der Immobilie unterjährig, wird die Wegzugsbesteuerung auf Ebene der deutschen Anteilseigner daher nicht sofort, sondern erst zum nächsten Bilanzstichtag ausgelöst. Dementsprechend hätte Österreich auch bei einer tatsächlichen Anteilsveräußerung im selben Jahr (aber nach der Liegenschaftsveräußerung) weiterhin das Besteuerungsrecht nach Art 13 Abs 2 DBA AT-DE.
Erst wenn im Zuge der nächsten Bilanzerstellung das Verhältnis des Aktivvermögens erneut ermittelt wird und das Vermögen dann nicht mehr überwiegend aus in Österreich belegenem, unbeweglichem Vermögen besteht, wäre Österreich nicht mehr besteuerungsberechtigt. Es käme daher zu einer Wegzugsbesteuerung gemäß § 27 Abs 6 Z 1 EStG, wobei die Veräußerung mit Ablauf dieses Bilanzstichtages fingiert würde.
In der Praxis ist ungemein wichtig, auf Konstellationen zu achten, die eine Wegzugsbesteuerung auslösen können. Neben augenscheinlichen Anlässen, wie die Verlegung der steuerlichen Ansässigkeit von Österreich in ein anderes Land, können aber auch andere Vorfälle zu einer Wegzugsbesteuerung führen, die dies auf den ersten Blick nicht zwangsläufig erahnen lassen.
Dabei können die Folgen einer Wegzugsbesteuerung (= Besteuerung des fiktiven Veräußerungsgewinns) in den meisten Fällen vermieden werden: Auf Antrag erfolgt die Besteuerung nämlich erst dann, wenn es zur tatsächlichen Veräußerung kommt. Dieser Antrag muss jedoch in der Steuererklärung des betroffenen Jahres gestellt werden und kann nicht nachgeholt werden. Daher ist es auch von Beraterseite wichtig, das Thema der Wegzugsbesteuerung auf dem Radar zu haben, da es andernfalls zu Haftungsfällen kommen kann.