BFH zum Vorsteuerberichtigungsanspruch in der Insolvenz

Der BFH hatte im vorliegenden Fall über einen Vorsteuerberichtigungsanspruch in der Insolvenz zu entscheiden.

Der Kläger fungiert als Insolvenzverwalter für die A GmbH, die Teil einer Unternehmensgruppe unter der Leitung einer AG als Holdinggesellschaft ist. Sowohl die AG als auch mehrere Tochtergesellschaften, einschließlich der B GmbH, befinden sich in Insolvenzverfahren, bei denen der Kläger jeweils als Insolvenzverwalter bestellt wurde.

Vor der Insolvenzeröffnung bezog die A GmbH Eingangsleistungen fremder Dritter und machte den Vorsteuerabzug geltend. Obwohl die A GmbH als Leistungsempfängerin in den Rechnungen ausgewiesen wurde, zahlten die AG und die B GmbH die Rechnungsbeträge. Nach erfolgreicher Anfechtung dieser Transaktionen erhielten die AG und die B GmbH diese Gelder zurück.

Anschließend führte das Finanzamt eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der A GmbH durch und argumentierte, dass die Forderung aufgrund der Rückzahlung der Beträge an die AG und die B GmbH gem § 144 dInsO wieder auflebte. Das Finanzamt verlangte daher wegen des nunmehr bestehenden Insolvenzverfahrens der A GmbH eine Vorsteuerberichtigung gem § 17 Abs 2 Nr 1 2. Satz dUStG für die von der A GmbH bezogenen Leistungen. Fraglich war, ob dieser Anspruch eine Insolvenzforderung oder eine Masseverbindlichkeit darstellte.

Der BFH hält fest, dass die A GmbH eine Vorsteuerberichtigung vornehmen musste, weil die von der  AG und B GmbH geleisteten Entgelte erstattet werden mussten. Gemäß § 17 Abs 2 Nr 1 Satz 2 dUStG muss eine solche Berichtigung erfolgen, wenn ein bereits vereinnahmtes Entgelt vom Leistenden nachträglich erstattet wird, weil ein Dritter das Entgelt entrichtet und dessen Insolvenzverwalter die Zahlung erfolgreich angefochten hat, sowie im Zeitpunkt der Rückzahlung über das Vermögen des Leistungsempfängers das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Demnach war der Vorsteuerabzug bei der A GmbH auf Grund der Uneinbringlichkeit der vereinbarten Entgelte zu berichtigen.

Die Zahlungsansprüche gegen die A GmbH als Empfängerin sind nach erfolgreicher Anfechtung gem § 144 Abs 1 dInsO wiederaufgelebt. Da zu diesem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren für die A GmbH bereits eröffnet war, galten diese Zahlungsansprüche als Insolvenzforderungen gem § 38 dInsO und waren daher gem
§ 17 Abs 2 Nr 1 Satz 1 dUStG uneinbringlich. Die Tatsache, dass die Entgelte bereits bezahlt wurden, änderte nichts an ihrer Uneinbringlichkeit. Ein Entgelt kann nämlich auch nach seiner Vereinnahmung uneinbringlich werden, wenn es zu einer Rückgewähr des Entgelts kommt und der Unternehmer seinen Entgeltanspruch auch nicht anderweitig durchsetzen kann

Damit eine Steuerschuld als Masseverbindlichkeit betrachtet wird, muss sie entweder durch die Insolvenzverwaltung entstehen oder einen direkten Bezug zur Insolvenzmasse haben. Im vorliegenden Fall konnte der BFH jedoch keine Handlungen des Insolvenzverwalters der A GmbH feststellen, die eine solche Masseverbindlichkeit begründen würden. Der Anspruch auf Vorsteuerberichtigung beruht vielmehr auf den Handlungen des Insolvenzverwalters der AG und B GmbH. Daher kann dieser Anspruch nicht als Masseverbindlichkeit gem § 55 Absatz 1 Nr 1 dInsO betrachtet werden, da er nicht direkt mit der Insolvenzmasse der A GmbH verbunden ist. Als Masseverbindlichkeit dürfte dieser Anspruch nur dann angesehen werden, wenn dieser durch Handlung des Insolvenzverwalters im Verfahren des Leistungsempfängers oder durch Verwaltung der Insolvenzmasse des Leistungsempfängers entstanden wäre. Die Tatsache, dass derselbe Insolvenzverwalter für alle betroffenen Gesellschaften tätig ist, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Praxisfolgen

In Österreich wird für die Einordnung des Vorsteuerrückforderungsanspruchs der Zeitpunkt des Eintritts der Uneinbringlichkeit des Entgelts als entscheidend betrachtet. Dieser Anspruch wird oft als Insolvenzforderung betrachtet, da die Uneinbringlichkeit in der Regel vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt. Es gibt jedoch keine klare Unterscheidung in der österreichischen Literatur darüber, ob dieser Anspruch durch die Anfechtung eines Insolvenzverwalters eines Dritten oder durch den Insolvenzverwalter des Leistungsempfängers entsteht, der die Vorsteuerberichtigung vornehmen muss. Auf Basis dieses BFH Urteils und der vergleichbaren Rechtslage ist die Einordnung als Insolvenzforderung aber jedenfalls argumentierbar. Der Erstattungsanspruch des Finanzamts kann demzufolge nicht aus der Masse bedient werden.