BFG zur Selbstanzeige gemäß § 29 Abs 3 FinStrG

Wurde ein Finanzvergehen im Zeitpunkt der Erstattung einer Selbstanzeige bereits ganz oder zum Teil entdeckt und war dies dem Anzeiger bekannt, so kommt der Selbstanzeige gem § 29 Abs 3 lit b FinStrG keine strafbefreiende Wirkung mehr zu  („Sperrwirkung“). Die Frage, wann eine Tat entdeckt ist, lässt sich nicht immer einfach beantworten. Bislang galt ein Finanzvergehen als noch nicht entdeckt, wenn hinsichtlich des Sachverhalts noch andere Deutungsmöglichkeiten offenstanden.

In einer jüngeren Entscheidung (BFG, 13.01.2021, RV/7300037/2020) äußerte sich das BFG zu dieser Thematik. Laut entscheidungsgegenständlichem Sachverhalt verfasste der Betriebsprüfer im Zuge einer Außenprüfung eine E-Mail an den steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführer und erkundigte sich bezüglich der Nutzung sowie Mieteinnahmen im Zusammenhang mit zwei Liegenschaften. Daraufhin führten die Beschwerdeführer aus, dass sie seit 2013 Einkünfte aus Vermietung einer Doppelhaushälfte bezogen, diese aber nicht erklärt hätten und erstatteten Selbstanzeige gem § 29 FinStrG.

Trotz Selbstanzeige wurden die Beschwerdeführer in erster Instanz der Abgabenhinterziehung gem § 33 Abs 1 FinStrG für schuldig erkannt, mit der Begründung, dass die Tat aufgrund des Mails des Betriebsprüfers zumindest teilweise entdeckt wurde. Gegen diese Entscheidung brachten die Geschwister Beschwerde ein, mit der Folge, dass das BFG den Schuldspruch, Straf- sowie Kostenausspruch aufhob: durch die Mail des Betriebsprüfers wurde keinesfalls eine Tat entdeckt, da durch die Fragen zur Nutzung der genannten Liegenschaften noch mehrere Deutungsmöglichkeiten offenstanden. Etwa hätten die Liegenschaften (Doppelhaushälften) vom Beschwerdeführer selbst genutzt oder auch vermietet werden können, die Mietobjekte hätten leer stehen oder die Einkünfte hätten allenfalls auch Dritten zugerechnet werden können.

Die Selbstanzeige erweist sich somit als rechtzeitig im Sinne des § 29 Abs 3 lit b FinStrG.

Auswirkungen auf die Praxis

Entdeckt ist eine Tat dann, wenn sich ein Verdacht insoweit verdichtet hat, dass bei vorläufiger Tatbeurteilung der Nachweis der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Finanzvergehens wahrscheinlich ist. Ein alleiniger Anfangsverdacht genügt somit nicht. Solange ein objektiv erfassbares und tatsächlich wahrgenommenes Geschehen noch andere Deutungsmöglichkeiten offenlässt, ist die Tat noch nicht einmal teilweise entdeckt.