BFG zur horizontalen Gruppe mit einem ausländischen Gruppenträger

Das BFG hatte in diesem Urteil zu entscheiden, ob sich die Voraussetzung der beschränkten Steuerpflicht eines Gruppenträgers nach § 9 Abs 3 KStG mit der Niederlassungsfreiheit vereinbaren lassen.

 

Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland, beantragte im Jahr 2017 die Feststellung einer Unternehmensgruppe in Österreich. Die Gruppe sollte als Gruppenmitglieder zwei Tochtergesellschaften, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich in Österreich befanden und an denen die Gesellschaft zu 100% bzw zu 99,8% beteiligt war, umfassen. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass Gesellschaft in Österreich weder beschränkt noch unbeschränkt steuerpflichtig sei, über keine im Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung und auch über keine Beteiligung an einer operativ tätigen, im Firmenbuch eingetragenen Personengesellschaft verfüge, die die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern im Betriebsvermögen hält. Die Voraussetzungen für die Gruppenträgereigenschaft nach § 9 Abs 3 KStG waren daher nach Auffassung der Behörde nicht erfüllt und der Antrag wurde abgewiesen.

 

Hinsichtlich der Frage, wer als Gruppenträger in Frage kommt, hält das BFG fest, dass § 9 Abs 3 KStG bestimmt, dass sowohl unbeschränkt als auch beschränkt steuerpflichtige Körperschaften als Gruppenträger fungieren können. Zweitere müssen dabei aber über eine eingetragene Zweigniederlassung, Betriebsstätte oder eine operativ tätige Personengesellschaft im Inland verfügen, der die Anteile an den Gruppenmitgliedern zuzurechnen sind. Diese Voraussetzungen wurden in diesem Fall nicht erfüllt.

 

Das BFG prüfte in weiterer Folge, ob das zwingende Erfordernis einer inländischen eingetragenen Zweigniederlassung gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art 49 und 54 AEUV verstößt. Diese Einschränkung hat nämlich zur Folge, dass die Ergebnisse der inländischen Tochtergesellschaften nicht untereinander verrechnet werden können, was einen Steuer- und Liquiditätsvorteil unterbindet. Eine Beeinträchtigung ergibt sich auch daraus, dass der Muttergesellschaft faktisch vorgeschrieben wird, die wirtschaftliche Tätigkeit in Österreich in Form einer Zweigniederlassung auszuüben, wenn der Steuer- und Liquiditätsvorteil in Anspruch genommen werden soll.

 

Unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH kommt das BFG zum Schluss, dass eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zum reinen Inlandsfall vorliegt. Zur Lösung bietet sich für das BFG an, die Funktion der der deutschen Muttergesellschaft auf ein bloßes Referenzobjekt zu reduzieren. Demnach soll zwar ermöglicht werden, eine Gruppe bilden, die Einzelergebnisse der Gruppenmitglieder werden aber nicht der Gruppenträgerin, sondern einem inländischen Gruppenmitglied zugerechnet.

 

Mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu dieser spezifischen Handhabung hat das BFG eine Revision an den VwGH als zulässig erachtet. Amtsrevision wurde bereits eingebracht.

Praxisfolgen

Aufgrund der Niederlassungsfreiheit ist auf Basis der BFG-Rechtsprechung bei zumindest zwei inländischen Tochtergesellschaften, welche von einer ausländischen Muttergesellschaft gehalten werden, nun eine horizontale Ergebniszurechnung möglich. Nicht behandelt wurde die Frage, ob weitere inländische Töchter der inländischen oder anderer ausländischer Konzerngesellschaften (Enkelgesellschaften der deutschen Muttergesellschaft) iSe vertikalen Verlustausgleichs mit in Gruppe einbezogen werden können. Auf Basis der EuGH-Rechtsprechung müsste auch dies bejaht werden (EuGH 14. 5. 2020, C-749/18 und EuGH 27. 11. 2008, C-418/07).

 

Bis zur Entscheidung des VwGH ist die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt und daher mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Bei ausländischen Gesellschaften mit Tochtergesellschaften in Österreich, bei denen ein horizontaler Verlustausgleich (unter uU auch ein vertikaler mit weiteren Tochtergesellschaften) von Vorteil ist, kann im Hinblick auf den Eintritt der Rechtskraft von Bescheiden und Verjährungsfristen bereits jetzt ein entsprechender Gruppenantrag Sinn machen.