Das BFG hat in diesem Urteil entschieden, dass die Ausnahme von der Steuerbefreiung für Grundstücksvermietungen bei der Vermietung von Abstellplätzen nicht anwendbar ist, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt. Dabei folgt das BFG der Rs des EuGH (Henriksen).
Im Fall geht es um die Beschwerdeführerin (Bf), die Vermieterin eines neu errichteten Feuerwehrhauses ist, welches aus einem Verwaltungsgebäude und einer kleineren Fahrzeuggarage besteht. Dabei schließt die Garage unmittelbar an das Gebäude an und ist mehrfach vom Gebäude zugänglich. Fraglich war die Zulässigkeit einer steuerbefreiten Vermietung des Verwaltungsgebäudes einerseits und eine steuerpflichtige Vermietung der Fahrzeuggarage andererseits. Hierbei wird auch die Zulässigkeit eines Vorsteuerabzuges für die anteiligen Errichtungskosten der Garage in Frage gestellt. Die Finanzverwaltung ging bei der Vermietung des gesamten Gebäudekomplexes von einer (steuerfreien) einheitlichen Leistung aus und versagte den Vorsteuerabzug.
Das BFG hält fest, dass bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken grundsätzlich von einer unechten Steuerbefreiung auszugehen ist. Die Vermietung von Räumlichkeiten oder Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ist hingegen nicht von der Steuerbefreiung umfasst. Strittig ist, ob diese Ausnahme auch dann gilt, wenn es sich bei der Überlassung von Abstellplätzen um eine unselbständige Nebenleistung zur Vermietung des Grundstücks handelt. Das BFG verweist dabei auf die Rs Henriksen und betont, dass die Vermietung von Abstellplätzen dann vom Befreiungstatbestand erfasst ist, wenn sie mit der steuerfreien Vermietung einer anderen Art von Grundstücken so eng verbunden ist, dass beide Vermietungen als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang zu qualifizieren sind. Laut EuGH ist dies dann der Fall, wenn der Abstellplatz und das für einen anderen Gebrauch bestimmte Grundstück Teil eines Gebäudekomplexes sind und beide von demselben Vermieter an denselben Mieter vermietet werden. In diesem Fall ist auch die Vermietung der Abstellplätze umsatzsteuerfrei.
Grundsätzlich gilt, dass jede einzelne Leistung maßgeblich ist. Dh, jede Leistung wird aus umsatzsteuerlicher Sicht gesondert betrachtet und besteuert. Davon gibt es jedoch zwei Ausnahmen: Einerseits Leistungen, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden (komplexe einheitliche Leistung) und andererseits eine einheitliche Leistung bestehend aus Haupt- und unselbstständiger Nebenleistung. Die umsatzsteuerliche Behandlung richtet sich im zweiten Fall nach der Hauptleistung und beim einheitlichen Leistungsbündel nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung. Im vorliegenden Fall ist bei der Gesamtbetrachtung aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers auszugehen, wonach eine Fahrzeuggarage jedenfalls nur in Kombination mit dem restlichen Verwaltungsgebäude (und umgekehrt) Sinn macht.
Das BFG folgt im Ergebnis der Ansicht der Finanzverwaltung und geht von einer einheitlichen (unecht) steuerbefreiten Vermietung des Gebäudekomplexes aus. Keine Rolle spielt in diesem Fall, ob die Vermietung der Garage als eigene Leistung – allerdings als Nebenleistung – zu beurteilen ist oder ob die Vermietung des Gebäudes eine Gesamtleistung darstellt.
Gerade bei Vermietungen von Grundstücken, die der Gegenausnahme der Steuerbefreiung bei Grundstücksvermietungen unterliegen (also vor allem Fahrzeugabstellplätze) stellt sich immer wieder die Frage, ob diese als unselbstständige Nebenleistung in der Hauptleistung „Gebäudevermietung“ oder allenfalls als Leistung im Leistungsbündel „Gebäudevermietung“ aufgehen. Bei einzeln zumietbaren Abstellplätzen zu Büroflächen wird regelmäßig eine separat zu beurteilende Vermietung vorliegen, die umsatzsteuerpflichtig ist. Schwieriger zu beurteilen sind Abstellplätze die zusammen mit der Anmietung eines Büros mitangemietet werden (ohne dass der Mieter hier auf die Anmietung verzichten könnte). Bei der Vermietung gesamter Gebäude(teile) und er zugehörigen Garage wird hingegen idR von einer einheitlichen Vermietung eines Gebäudes ausgegangen werden können, in der die Vermietung der Abstellplätze aufgeht.
Auswirkungen hat dieses Urteil jedenfalls im kommunalen Bereich: Seit der Einschränkung der Optionsmöglichkeit bei Grundstücksvermietungen auf vorsteuerabzugsberechtigte Mieter und der Verlängerung der Vorsteuerberichtigungszeitraums auf 20 Jahre ist das beliebte Vorsteuermodell im kommunalen Bereich mehr oder weniger obsolet geworden. Ausgegliederte Rechtsträger einer Gemeinde errichteten ein Gebäude für nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter (zB eine Feuerwehr) und vermietet dieses zu einem moderaten Zins umsatzsteuerpflichtig für 10 Jahre. Danach konnte das Gebäude umsatzsteuerfrei an die Gemeinde übertragen werden. Vorteil dieses Modells war der Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten, dem nur ein Bruchteil an Umsatzsteuer aus der 10-jährigen Vermietung gegenüberstand.
In 2012 wurde dieses Modell quasi verunmöglicht, die Errichterin / Vermieterin versuchte jedoch den Vorsteuerabzug durch eine andere Gestaltung zu optimieren: Durch die umsatzsteuerpflichtige Vermietung einer Garage könnte ein verhältnismäßig großer Anteil der Vorsteuern aus den Errichtungskosten des Gebäudes in Abzug gebracht werden (Errichtungskosten der Garage, allenfalls Flächenschlüssel des Gesamtgebäudes). Der Mietzinsanteil der umsatzsteuerpflichtigen Garagierung wäre hingegen verhältnismäßig gering. Dadurch entstünde im Endeffekt ein Vorsteuerüberhang, der die Errichtung des Gebäudes insgesamt verbilligt. Mit dem gegenständlichen Urteil hat das BFG auch dem „Garagierungsmodell“ einen Riegel vorgeschoben.