BFG zum fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb im Abgangsland

Der BFG-Entscheidung lag folgendes Reihengeschäft zu Grunde: Ein belgisches Unternehmen (BE) bestellte Waren bei einem österreichischen Unternehmen (AT). BE wiederum verkaufte die Waren unter der Lieferkondition „DDP“ weiter an andere Unternehmer in der EU (EU). Die Waren gelangten direkt von AT an EU. Für den Transport war BE verantwortlich. Die Rechnung von AT wurde mit 20% österreichischer Umsatzsteuer und der österreichischen UID-Nr des BE, die Rechnung von BE als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausgestellt. BE nahm den Vorsteuerabzug aus der Eingangsrechnung vor.

Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass die Lieferung von AT an BE die innergemeinschaftliche Lieferung sei. Da AT die Umsatzsteuer zu Unrecht in Rechnung gestellt habe, versagte die Behörde den Vorsteuerabzug des BE. Zudem setzte das Finanzamt einen fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb fest, da BE nicht mit der UID-Nr des Bestimmungslandes, sondern mit der österreichischen UID-Nr aufgetreten sei. Diese Rechtsauffassung wurde vom BFG bestätigt. Eine Revision wurde für zulässig erachtet und bereits eingereicht.

Praxisfolgen

Reihengeschäfte kommen in der Praxis häufig vor, bergen jedoch immense Risiken, wie auch dieser Fall eindrücklich zeigt. So kann nicht nur der Vorsteuerabzug versagt werden, sondern auch ein fiktiver innergemeinschaftlicher Erwerb festgesetzt werden, für den kein Vorsteuerabzug zusteht. Während ersteres noch relativ problemlos sanierbar ist, in dem der Vorlieferant seine Rechnung berichtigt und die Vorsteuer refundiert, kann der fiktive innergemeinschaftliche Erwerb nur dadurch rückgängig gemacht werden, indem die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsland nachgewiesen wird. Dies setzt in der Praxis eine umsatzsteuerrechtliche Registrierung und eine Nacherklärung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsland voraus. Da oftmals auch lokale Umsatzsteuer nachzuerklären ist, kann dies auch Säumnisfolgen haben (zB Strafzinsen) muss üblicherweise mittels Selbstanzeige offengelegt werden.

Was im vorliegenden Fall jedoch überaus strittig ist, ist ebendieser fiktive innergemeinschaftliche Erwerb. Während das Finanzamt und weitestgehend auch das BFG die Auffassung vertritt, dass ein fiktiver innergemeinschaftlicher Erwerb im Abgangsland möglich ist, gibt es – teilweise auch beim BFG – die Gegenmeinung, dass dieser im Abgangsland denkunmöglich ist. Mit Spannung ist daher die Entscheidung des VwGH zu erwarten.

Auch wenn Reihengeschäfte auf Grund einer gesetzlichen Neuregelung, die bei Transportorganisation durch den mittleren Unternehmer auf die verwendete UID-Nr abstellt, etwas leichter zu administrieren sind, sind sie in der Praxis nach wie vor brisant (bspw bei Transportorganisation durch den ersten Unternehmer in der Reihe). Eine genaue Analyse derartiger Geschäftsfälle kann daher nur jedem, der mit Reihengeschäften zu tun hat, nahegelegt werden.